Spiegel Interview


Eminem: "Mit mir legt sich keiner an"

Der amerikanische Marshall Mathers alias Eminem ist einer der wenigen Weißen, die in die Domäne der schwarzen Rap-Musik eindringen konnten. In einem Interview spricht er über seinen Ruf als Bösewicht, weißen HipHop und sein jüngstes Musikprojekt D12.

 

Spiegel: "Mr. Mathers, Ihre Texte sind obszön und aggressiv. Sie selbst gelten als roh und bösartig. Sind Sie das Ihrem Image als weißer Rapper schuldig?"
Mathers: "Nein, erstens bin ich ein ganz lieber Mensch, und zweitens sind meine Zornattacken offensichtlich Symptome des so genannten Tourette-Syndroms."

 

Spiegel: "Zu dem gehören unkontrollierte verbale Entgleisungen. Wollen Sie allen Ernstes behaupten, Sie seien psychisch krank und für Ihre Texte nicht verantwortlich?"
Mathers: "Ja, das Tourette-Syndrom muss die Erklärung für mein merkwürdiges Verhalten sein. Schauen Sie, wenn ich im Aufnahmestudio arbeite, dann überkommt es mich. Ich will Vögel sagen und Bienen, stattdessen höre ich aus meinen Mund: Fick, Scheiß, ich erwürge deine Mutter."

 

Spiegel: "Solche Beschimpfungen finden sich auch auf der CD Devil's Night (Motor/Universal), die Sie mit fünf Rappern unter dem Namen D12 aufgenommen haben und die in dieser Woche erscheint. Ist das die Sprache, die Ihre Fans sprechen?"
Mathers: "Das ist meine Art der täglichen Kommunikation. Aus jedem Loch pustet dieser Kram. Entweder lieben mich die Hörer, oder ich tue ihnen weh. Wichtig ist: Irgendwie treffe ich sie."

 

Spiegel: "Offenbar. Vom Album "The Marshall Mathers LP" haben Sie mehr als 13 Millionen Stück verkauft."
Mathers: "Mich hat das umgehauen. Es ist auch für mich unfassbar, dass ich, im Guten wie im Bösen, eine solche Wirkung habe. Wir biedern uns nicht an, wir machen keine Kompromisse."

 

Spiegel: "Haben Sie Angst, dass Kids Ihre Texte, die Beschreibungen des Rauschgiftkonsums, die Glorifizierung von Gewalt, wörtlich nehmen könnten?"
Mathers: "Ich fordere niemanden zu irgendetwas auf. Ich erzähle Geschichten über mich selbst, meine Gefühle, mein Leben. Im Übrigen sind für Kinder immer noch die Eltern zuständig. Sie müssen ihnen Recht und Unrecht, Moral oder Unmoral erklären. Wenn ich in einem meiner Texte sage "Spring von der Brücke, spreng das Haus, tu es jetzt", und ein Kind springt, dann hat trotzdem niemand das Recht, mit dem Finger auf mich zu zeigen. Da müssen die Eltern schon bei sich die Verantwortung suchen. Ich verstehe Rap nicht als Anweisung, sondern als Aufklärung."

 

Spiegel: "Was meinen Sie denn damit?"
Mathers: "Wir erklären, was da draußen wirklich los ist. Wenn ein Kerl einem anderen das Gehirn rauspustet, dann gibt es immer eine Vorgeschichte und ein Vorstrafenregister - wegen Körperverletzung, Vergewaltigung oder was auch immer. Und woher kommt das? Weil man nur zwei Optionen hat, wenn man in Detroit aus einer miesen Gegend kommt: mit Drogen dealen oder in der Fabrik arbeiten. Nein, da ist noch was: Bei der Wach- und Schließgesellschaft gibt es auch Jobs."

Spiegel: "Darf Ihre fünfjährige Tochter Hailie Jade diese drastischen Texte hören?"
Mathers: "Sie hat alle Songs von "Devil's Night" gehört, warum nicht? Sie kennt die Schimpfwörter, aber sie benutzt sie nicht. Wenn sie mich aber je fragen würde, Daddy, was bedeutet dies oder jenes, dann würde ich ihr das erklären."

 

Spiegel: "Der aggressive Gangsta-Rap stammt ursprünglich aus den Ghettos der Schwarzen, Sie sind weiß. Wie authentisch sind Ihre Texte?"
Mathers: "Viele der weißen Rapper versuchen zu sein, was sie nicht sind. Ich nicht: Ich rede über Dinge, mit denen weiße Jungs sich herumschlagen, aber auch über Hispanics und Schwarze. Ich schildere, wie ich die Scheiße sehe. Ich heuchle niemandem vor, jemand zu sein, der ich nicht bin. Ich kenne die Probleme meiner Generation, und ich kenne auch den Frust der Schwarzen. Ich komme schließlich nicht aus einer Familie von Besserverdienenden."

 

Spiegel: "Und was halten Ihre alten Freunde von Ihrem Welterfolg?"
Mathers: "Die Kids, die mit mir im Viertel aufgewachsen sind, fragen sich: Warum bin ich nicht berühmt? Warum der? Sie sind eifersüchtig und fangen an zu provozieren und wollen einem etwas anhängen. Natürlich will man sich wehren gegen solche Attacken - aber sobald man zurückschlägt, gerät man in die Schlagzeilen, weil man der mit dem Ruhm und mit dem Geld ist. Mit mir legt sich keiner an: Ich habe immer eine Kalaschnikow dabei, ein unglaublich großes Ding."

 

Spiegel: "Sie sind im April zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden: Sie waren mit einer Pistole auf einen Mann losgegangen, der angeblich Ihre Frau geküsst hat. War das Ihre Form von Notwehr?"
Mathers: "Ich will es mal so sagen: Alles hat damit zu tun, wie man aufgewachsen ist. Wenn man aus dem Ghetto stammt oder einer ähnlichen Gegend, dann kann man zwar in ein besseres Viertel ziehen - seiner Herkunft entkommt man trotzdem nicht. Irgendetwas holt einen immer zurück, die Typen an der Straßenecke, der alte Club, in den man noch mal geht, und dann fällt man in die alten Muster zurück."

 

Spiegel: "Nicht nur unter Ihren ehemaligen Freunden haben Sie Feinde: Ihren Auftritt bei den Grammys, für die Sie in vier Kategorien nominiert waren, nannte die "Los Angeles Times" den "umstrittensten Moment in der 43-jährigen Geschichte des Preises". Hat Sie diese Kritik überrascht?"
Mathers: "Nein, ich finde das eigentlich nur lustig. Ich will ja nicht politisch werden, aber ich muss das mal loswerden: Diese Leute empören sich nur so, weil ich so viele weiße Fans habe und Rap plötzlich wichtig geworden ist. HipHop war so lange kein Problem, wie er aus der Bronx, aus South Central Los Angeles oder aus Detroit nicht herauskam - aber seit sich die weißen Kids für ihn interessieren, fallen die Medien, die der Weißen natürlich, über unsere Musik her und schreien: Die Kinder sind in Gefahr!"

 

Spiegel: "Sie selbst fallen dagegen über Homosexuelle her. In einem Ihrer Songs auf "The Marshall Mathers LP" hetzen Sie gegen Schwule und Lesben. Was stört Sie an denen?"
Mathers: "Eigentlich nichts. Ich kann es allerdings nicht ertragen, wenn jemand seine Homosexualität provokativ und öffentlich zur Schau stellt und sich als Tunte aufspielt. Mit dem Song wollte ich nur provozieren. Das habe ich sogar in dem Lied selbst erklärt, aber meine Texte werden immer wieder aus dem Zusammenhang gerissen. Ich wäre doch nicht mit Elton John bei den Grammys aufgetreten, wenn ich wirklich was gegen Homosexuelle hätte."

 

Spiegel: "Haben Sie ihm das auch gesagt?"
Mathers: "Das war nicht nötig, er weiß, dass ich keine Vorurteile habe. Elton John ist ein großartiger Kerl. Glauben Sie ernsthaft, der würde mit einem Schwulenfeind im Duett singen?"

 

Spiegel: "Andere sind da jedenfalls nachtragender. Ihre Mutter hat Sie auf zehn Millionen Dollar verklagt, weil sie sich von Ihnen verleumdet fühlte."
Mathers: "Ach, meine Mutter. Der Rechtsstreit zwischen uns ist erledigt."

 

Spiegel: "Ihre Noch-Ehefrau Kimberly hat Sie ebenfalls vor Gericht gebracht, weil Sie sich in einem Song ausgemalt haben, wie es wäre, sie zu töten."
Eminem: "Mathers: Mir doch egal. Ich pfeif auf sie."

 

Quelle: Eminem-Planet

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